2005 - 37° Course Croisière EDHEC
Ostersonntag 2005 lernt sich die Crew erstmals komplett kennen und dank der freundlichen Unterstützung des Herrn Mehrwardt auch das Boot. Wir dürfen einen Tag lang über den Bodensee cruisen und sind begeistert. Leider hat das Schiff keinen Spi (sondern einen Gennaker), aber einen Eindruck, wie es sich mit einer Grand Surprise segelt, bekommen wir schon mal.
Drei Wochen später finden wir uns alle an der französischen Atlantikküste ein, warum man das so früh im Jahr machen muss, werde ich nie verstehen. Die Wassertemperatur liegt im oberen einstelligen Bereich.
Der erste Tag ist traditionell ein Basteltag, alles nötige wird organisiert, Aufkleber angebracht und das Schiff auch ansonsten vorbereitet.
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| Sonntag, der 17.4.05, der erste
Segeltag. Die Lufttemperatur hat sich
der Wassertemperatur angepasst und das ganze wird mit fiesem
Nieselregen und schlechter Sicht garniert. So hab ich mir das
vorgestellt, im April in Les Sables d’Olonne. Wir fahren mit der vollen
Crew, also zu acht, zu einem Trainingsschlag raus. Es hat ein bisschen
Wind und Unterschiede zwischen ASV-Segeln und Regattasegeln werden
deutlich.
Es rächt sich sofort, dass wir keine festen Positionen verteilt haben.
Alles geht ziemlich durcheinander und es entsteht das Gefühl, dass wir
das Boot überhaupt nicht beherrschen. Nach zwei Kreuz- und zwei
Spigängen sind Teile der Crew schon ziemlich durch und wir kehren erst
mal in den Hafen zurück zum aufwärmen. Der ursprüngliche Plan, danach
noch mal raus zu gehen wird dann auch verworfen und alle sind ziemlich
unzufrieden mit unserer Leistung, das war erst mal nix.
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| Am Montag soll es dann mit den
Wettfahrten losgehen, aber es ist ein
bisschen viel Wind und ein Auslaufverbot wird von der Wettfahrtleitung
ausgesprochen. Die Sonne scheint aber wieder und wir erkunden ein
bisschen die Gegend.
Dienstag das gleiche, mir kommen
Zweifel, ob die Wettfahrtleitung
vernünftig arbeitet und wir hier richtig sind. Diese werden aber später
zerstreut.
| Endlich, wir dürfen raus. Wohlwissend, dass wir das Schiff
noch nicht
richtig beherrschen, wollen wir trotzdem starten, schließlich lernt man
das ganze am besten durchs Tun, niemals durchs Reden. Es stehen
klassische up-and-downs mit Offsettonne auf dem Programm. Die Welle ist
übrigens immer noch beeindruckend.
Der Start ist zurückhaltend,
nicht Fisch noch Fleisch. Wir sind zwar
ganz gut an der Linie, aber ca. in der Mitte dieser und mit zu wenig
Fahrt. In einem Feld mit 38 baugleichen
Booten rächt sich das sofort.
Wir fahren schon auf der ersten Kreuz mehr oder weniger hinterher. Beim
ersten Spisetzversuch fällt das Ding aus dem Sack ins Wasser und wir
sind erst mal damit beschäftigt, das ganze Zeugs wieder einzusammeln.
Beim zweiten Spisetzversuch haben wir schon wieder was vertüdelt.
Bilanz der ersten Wettfahrt: am Start zu langsam, zwei mal Downwind
ohne Spi gefahren und auf der Kreuz zu wenig Höhe. In der Summe Platz
26, da müssen ziemlich blinde Leute mitfahren. Die Sieger haben
wir
allerdings nicht mehr gesehen, als die durchs Ziel sind, es sind also
auch Leute dabei, die wissen, was sie tun.
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| Nach der zweiten Wettfahrt ist
es schon später Nachmittag und wir ziemlich ausgelaugt. Als die
Nachricht kommt, dass es noch eine dritte Wettfahrt geben wird, zeigt
sich die Moral der Crew. Bei acht Grad nach sechs Stunden auf See und
fünf mal Kotzen nicht mal eine Minute ans Nicht-Starten zu denken – Hut
ab! Abends wissen wir wirklich, was wir getan haben und bleiben dem
Partyzelt erstmals fern.
Es ist schon Donnerstag und
endlich mal Traumwetter, leichter Wind und Sonne. Es gibt heute einen
up-and-down und einen längeren kreuz-und-quer-durch-die-Bucht Gang. Wir
segeln schon deutlich besser. Das Starten, klassisch mit Fahrt am
Schiff funktioniert überraschenderweise hervorragend, weil kaum jemand
die Geduld hat, spät zur Linie zu fahren. Dadurch sacken natürlich alle
mit kaum Fahrt nach Lee weg und am Schiff tut sich eine Lücke auf, die
wir ein ums andere Mal nutzen können. Inzwischen bewegen wir das Boot
auch vernünftig und können anfangen, an den Kleinigkeiten zu arbeiten.
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| Am nächsten Tag dann ein Coastal Race.
Wir werden so langsam eine Regattacrew, in der alle konzentriert sind
und schon wissen, was als nächstes passiert. Das Umschalten auf
Race-Mode funktioniert. Zum ersten mal diese Woche sind wir beim
vorderen Feld richtig dabei. Uns passieren kaum noch fuck-ups und auch
der Spitrimm ist deutlich besser geworden, was wir daran sehen, dass
wir auf langen Downwind- und Reachkursen keine Plätze mehr verlieren.
Der Zieleinlauf in der Hafeneinfahrt
unter Spi in dichtem Verkehr war dann doch sehr aufregend, aber absolut
erfolgreich, wir haben noch einen Platz gut gemacht, weil wir den Spi
erst nach der Linie geborgen haben, wie sich das gehört. Der Vorteil
ist, dass wir ausnahmsweise mal schon um zwei wieder drin sind und uns
mal ein bisschen ausruhen können.
Der Lohn für die ganzen Mühen dann am Samstag.
Es gibt nur noch eine up-and-down Wettfahrt, weil am Nachmittag die
Finalläufe stattfinden. Das Gedränge am Startschiff ist etwas größer
als zuletzt, aber mit guter Fahrt gehen wir etwa 20 Sekunden nach dem
Schuss ganz in Luv rüber und wenden sofort weg. Inzwischen haben wir
endlich gelernt, wie wir aus der Kiste mehr Höhe rausholen können und
sind gut dabei. Auf dem ersten Backbordgang gehen überraschend viele
Boote hinter uns durch. Wir sind an der ersten Luftonne voll dabei, ca.
Platz 12 oder 13. Der Spigang ziemlich weit rechts ist nicht ganz
optimal, aber auch nicht schlecht, wir fahren inzwischen auch die
Tonnen besser an. Nach der Tonne gehen wir gleich nach links weg,
dadurch kommen wir dann auch in Luv der ganzen Spis, die da noch runter
kommen. Da die Taktik Spi packen muss, fahren wir sehr weit nach links,
bevor wir umlegen. Dann ein Wunder, ein Winddreher zu unseren Gunsten,
wir können die Tonne anliegen. Wir sind bei den ersten dabei als wir um
die Tonne gehen und schaffen es anschließend, das ganze noch vernünftig
nach Hause zu fahren. Am Ende heißt das
Platz 7,
nachdem nachträglich noch zwei Boote wegen Frühstarts disqualifiziert
werden. Das war der krönende Abschluss, den wir uns wirklich verdient
hatten und ein bisschen Glück gehört ja auch immer dazu.
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| Insgesamt ist die CCEDHEC (Course
Croisiere de l’École des Hautes Études Commerciales, Anm. d. Red.) eine
tolle Veranstaltung. 200 Boote, in unserer Klasse alleine 38 und alle
von Studenten gesegelt. Abends gibt’s dementsprechende Parties und im
Race Village ist immer was los. Es fällt auf, dass französische
Studenten doch etwas extrovertierter und wilder feiern als deutsche.
Echt eine tolle Atmosphäre.
Ich hoffe, dass weiterhin Leute aus
dem ASV an der Regatta teilnehmen. Ein paar Tipps vielleicht noch
dazu:
es sollte vorher trainiert werden. Hätten wir eine Woche Training
gehabt und wären auf dem Niveau, das wir am Ende der Regattawoche
erreicht hatten, gestartet, wären wir sicher die ganze Woche vorne
mitgefahren, was dann noch mehr Spaß macht. Auf welchem Bootstyp man
trainiert, spielt übrigens keine Rolle, es sollte nur zu sechst zu
segeln sein und einen Spi haben. Wenn man dann als Crew funktioniert,
lässt sich das völlig problemlos auf eine Grand Surprise, eine Figaro,
eine Mumm 30 oder sonst jedes andere Schiff ähnlicher Größe übertragen.
Noch
zwei Punkte: unbedingt
jemand
mitnehmen, der das mit dem Regattasegeln schon öfter mal gemacht hat,
sonst wird das echt schwierig;und: man sollte körperlich fit sein.
An dieser Stelle noch mal ein herzliches
Dankeschön an Martina und
Florian, die bei der Organisation der ganzen Sache den Hut auf
hatten.
Ohne Euren unermüdlichen Einsatz hätte das Ganze nie stattgefunden. |
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