Verein
Geschichte des ASV Aachen
 

Kapitel 6

(das sechstes Lustrum)
1986 – 1990

Rursee-Ereignisse

Das Vereinsgelände am Rursee war mit dem Jollenpark und der Amme nach wie vor ein zentraler Treffpunkt des Vereinslebens in den Sommermonaten. Der Weg zum See bestand überwiegend aus Wurzeln und Steinen. Besonders im Dunkeln war es nicht ungefährlich den plötzlichen Hindernissen auszuweichen. In einer großen Aktion wurde der Weg mit Steinstufen versehen und ein neuer Grillplatz an der Hütte angelegt. Der Grillplatz ist heute noch Mittelpunkt gemütlicher Grillabende. Die Verlängerung des Weges war auch nicht im besten Zustand. Immer wenn bei fallendem Wasserstand die alte Stahltreppe aus dem Wasser auftauchte, konnte der in die Jahre gekommene Zustand der rostenden Stahlstufen bewundert werden. Der Zustand der Treppe wurde vom Talsperren-Verband bemängelt und diese in zahlreichen Aktionen immer wieder repariert.

Der alte Steg, eine Stahlkonstruktion mit Holzbelag und Kunststofffässern als Auftriebskörper, forderte sehr viele Arbeitsstunden. Immer wieder mussten undichte Fässer getauscht und verrostete Befestigungsmöglichkeiten erneuert werden. Die Stahlkonstruktion bestand aus vielen Einzelsegmenten, die mit Gelenken verbunden waren. Das machte den Steg nicht nur flexibel, sondern ein Begehen auch zum Abenteuer. Die Stahlkonstruktion führte beim Anlegen (auch) immer wieder zu Beschädigungen an der Außenhaut der Boote. Damit waren der Steg und seine wünschenswerte Erneuerung schon damals reges Diskussionsthema auf den Versammlungsabenden.

Die Jollen

Der Jollenpark bestand damals im Wesentlichen aus zwei Piraten, zwei Zugvögeln, einem 470er, einem FD und einem Hobie Cat 16. Diese wurden turnusmäßig erneuert und im Rahmen der Jollenanschaffung wurden Fördermittel der Stadt und des Landes NRW ausgeschöpft. Gefördert wurden olympische Klassen, die im Segelsport auch als Jugendboote eingesetzt wurden. Dabei sollten von jedem Jollentyp bevorzugt zwei Boote am Steg liegen, um gemeinsame Trainingsmöglichkeiten zu schaffen und das Regattasegeln zu fördern. So wurde neben 470ern und gebrauchten KZV´s für die interne Ausbildung auch ein zweiter FD (Diabolo) angeschafft. Den alten Holz FD versah man mit einem Doppelboden, um ein sichereres Segeln zu gewährleisten. Die in die Jahre gekommene Jolle wurde dann aber ausgemustert und dem Verein von Boris Balzer abgekauft.

Damals hatten wir für die Jollenüberholung im Winter noch den alten Walheimer Bahnhof angemietet. Der alte Bahnhof lag nah an Aachen und war auch mit dem Bus zu erreichen. Als Mieter waren wir für die Instandhaltung zuständig und an dem in die Jahre gekommenen Bahnhofsgebäude fielen zahlreiche Arbeiten an. Das Dach des Bahnhofs war undicht und musste neu mit Dachpappe belegt werden. Letztendlich wurde die Mietsituation immer unsicherer: Der ASV wusste nicht, ob die Bahn den Mietvertrag verlängern würde und wie das Gelände in Zukunft genutzt werden sollte und so begann er, sich nach einer neuen Unterstellmöglichkeit umzusehen.

Erfolge

Ende der achtziger Jahre herrschte reges Regattatreiben am Rursee. Besonders die Piraten, der FD und der 470er wurden viel genutzt, um an Regatten teilzunehmen. Regelmäßig wurde im Frühjahr die Maiglöckchen Regatta ausgerichtet und natürlich auch die Vergleichs(?)regatta mit AYC, wobei wir meistens unser Bier selbst bezahlten.

Aquis Granus III

Die in die Jahre gekommene Aquis Granus 2 („Alois“), eine Stahl-Segelyacht von Franz Maas, war ein weiterer Arbeitsstundenfresser. Der Stahlrumpf erforderte doch sehr viel Pflege, da das Schiff deutlich mehr gesegelt wurde als vergleichbare Eigneryachten. Zuletzt musste der Bug geschweißt werden, da die Ankerwanne regelrecht weggerostet war. Die schon seit langem aufkommende Diskussion über ein neues Seeschiff war Gegenstand zahlreicher Schifferräte und vieler Gespräche auf der Etage. Es sollte wieder ein Schiff von Franz Maas sein, da die damaligen Möglichkeiten dort auf der Werft ein Schiff im Winter zu überholen legendär waren (Kann ich mal gerade an die Bandsäge?). Auch wurde der Wechsel auf ein moderneres Schiff aus Kunststoff (als Gegensatz zu dem alten Stahlschiff) rege diskutiert. Dabei wurde Stahl als Sicherheitsaspekt angesehen, obwohl man damals schon von der Schnelligkeit der Kunststoffschiffe begeistert war. Diese waren im Anschaffungspreis jedoch sehr viel teurer. Im Verborgenen wurde dann der Wechsel auf ein neues Seeschiff vorbereitet. Wir hatten die Gelegenheit erhalten ein moderneres Kunststoffschiff von Franz Maas zu kaufen. Hierbei handelte es sich um ein solide laminiertes Kunststoffschiff, das auf einer Positivform gebaut war. Die Außenhaut bestand aus einer Lage Kunststoffspachtel. Die Indienststellung der neuen AG III war im Frühjahr 1986. Das Schiff musste im ersten Winter aufwendig renoviert werden. In die Spachtelschicht war Seewasser eingedrungen und hatte dort feine Bläschen gebildet (Osmose), die alle einzeln aufgemacht wurden. Anschließend wurde der Rumpf abgeschliffen und neu verspachtelt und danach mit einem neuen Farbaufbau versehen. Anfangs war das Schiff noch - wie vom Vorbesitzer übergeben - weiß gestrichen. Später wurde dann der Rumpf in einer Nacht-und Nebelaktion mit einem blauen Überwasserschiff versehen.

Segeln, Mittelmeer und Atlantic Rally for Cruisers

Die Schiffer mussten sich erst an das neue Schiff gewöhnen. Aber schon nach kurzer Zeit wurden dann auch neue Ziele entdeckt, die mit dem alten Seeschiff nicht anzulaufen gewesen(?) waren. Dabei kam es auch recht bald zur ersten Mittelmeer-Saison und auch zu Überwinterungen auf den kanarischen Inseln. Die so gewonnenen zusätzlichen Seereisenmonate wurden zur Finanzierung des Seeschiffes verwendet. Die erste Mittelmeersaison war gekennzeichnet durch langes Motoren oder stürmische Segelfahrten. Denn je nach Wetterlage herrscht im Mittelmeer Flaute oder Sturm, was das Einhalten von Seereisenplänen erschwert. Es mussten ja auch immer wieder die Ziele für die Gabelflüge erreicht werden.

Im Anschluss an eine Versammlung wurde bei einem Bier von Boris Balzer der Plan geboren, mit der AG III an der Atlantic Rally for Cruisers teilzunehmen und in die Karibik zu fahren. Dabei wurden auch erste Erfahrungen gesammelt, wie das Seeschiff auf eine Doppel-Saison vorbereitet wird. Die Atlantic Rally wurde dabei als Aufhänger benutzt in einer Gruppe von Booten den Atlantik nicht gänzlich unbeaufsichtigt zu überqueren. Dabei ging es Ende November von den Kanaren (Gran Canaria) zunächst nach Barbados, wo die Rally gleichzeitig auch zuende war. Von dort ging es in den Süden nach Tobago und dann den ganzen Antillenbogen hoch bis auf die US Virgin Islands; anschließend von dort zurück auf die Kanaren. Anfangs herrschte auf der Atlantikroute ungewöhnlich starker Gegenwind und erst später stellten sich die Passatwinde ein. Alles in allem wurde eine sichere Überfahrt mit Burkhard Sambale als Schiffer durchgeführt.

Auf der Etage

Die Etage war damals zentraler Sammelpunkt des Vereinslebens und wurde renoviert und hergerichtet; sehr zum Leidwesen von unserem Vermieter Franz Helfrich und den umliegenden Anwohnern in der Pontstraße. Alle vierzehn Tage fanden Feten statt, die nicht selten auch von der Polizei besucht wurden, was der allgemeinen Stimmung jedoch keinen Abbruch tat. Bis in die frühen Morgenstunden wurde dort gefeiert und diskutiert, nicht selten mit dem Ergebnis, dass Seeschiffreisen geplant wurden. Auch mittags war die Etage zentraler Anlaufpunkt für viele ASV’er. Man verabredete sich zum gemeinsamen Essen in der Mensa und bei einem anschließenden Kaffee wurde das Vereinsleben organisiert.

Mit der steigenden Zahl von Studentinnen an der RWTH stieg der Frauenanteil im Verein erfreulicherweise sprunghaft an. Reine Männertörns wurden eher die Ausnahme und bald wurden auch die ersten Frauen Schifferin im ASV, allen voran Katharina Esser, die 1988 ihre erste Seereise machte.