Regatta
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Teilnahme EDHEC 2006
EDHEC 2006

Team: Peter Düppenbecker, Anne Bunte, Marisa Medwed, Malte Poischbeg, Jan Patrick Alt, Michael Butt, Stefan Schühlein

Am 22. April 2006 war es soweit: Die Strapazen der Vorbereitung waren nur noch kleine Wölkchen am Horizont, die 10h Fahrt in unserem schönen Vereinsbulli erschienen viel kürzer, ein andächtiges Staunen und Genießen stellte sich ein.

Wir waren am Ziel: im Hafen „Les Minimes“ von La Rochelle und vor uns das blau erleuchtete „village“. Schwer beeindruckt standen wir vor den Zelten des Ereignisses, das eine Woche lang für uns die Welt bedeuten würde: die „Course Croisière D’EDHEC“


Leider nahm kein Schwein von uns Notiz, weil es halb sechs morgens war und um diese Zeit kein Student mit einem Fünkchen Anstand im Leib schon auf den Beinen ist. Entschädigend für diesen Stilbruch waren allerdings der alte Hafen von La Rochelle, mit seinen beiden Türmen im Morgengrauen, und der erste Kontakt mit der See, die uns die nächsten Tage hold gestimmt sein sollte.

Insbesondere unser Skipper und Taktiker, Peter, baute in meditativen Strandspaziergängen eine besondere Aura zu dem Element auf, auf welchem sich in den nächsten Tagen unser Schicksal entscheiden würde.

Langsam erwachte auch das Leben im „village“. Nachdem wir die junge französische Dame ausfindig gemacht hatten, die für die Versorgung der ausländischen Teams zuständig war, erledigte sich die übrige Organisation quasi von selbst:

Wir wurden fast auf dem kürzesten Weg in unser Appartement geleitet, wo wir uns kurz frisch machen konnten, bevor der Ansteh- und Bürokratiemarathon seinen ersten Höhepunkt erreichte. Es galt unzählige Anmeldungen auszufüllen, Lizenzen und ein Schiff zu bekommen. Micky und Malte hatten sich schnell als welt- und wortgewandtes Team herauskristallisiert, pendelten regelmäßig zwischen unserem Boot und den Anmeldungen hin und her und fanden nebenbei noch die Namen einiger französischer Organisatorinnen heraus.  

„Unser“ Schiff für die nächsten Tage war eine First 36.7. Vom Vercharterer liebevoll „Portos“ getauft.

Als neue „Eigner“ ließen wir es uns jedoch nicht nehmen dem Schiff einen unserer Meinung nach passenderen Namen zu geben.

Mit ein wenig Tape wurde aus Portos die „baise moi“. Da der Name des Schiffes vermutlich auch das einzige war, was jemals mit Liebe an diesem Boot gemacht wurde, entstand eine rege Kommunikation zwischen uns und den Jungs vom Vercharterer, die sich im wesentlichen um eine nicht funktionsfähige Windex, ein ziemlich altes Großsegel und einen Spi drehten, den JP aus unerklärlichen Gründen nach dem Packen immer für zu schwer hielt...

Bei einem ersten freien Training gewöhnten wir uns an das Boot und passten die Abläufe der Manöver, die an den Wochenenden zuvor auf dem Schiff von Annes Vater in Bruinisse entwickelt wurden, an die First an. Trotz der kleineren und größeren Macken waren wir mit den Segeleigenschaften, insbesondere mit der Geschwindigkeit, dieser Yacht recht zufrieden.

Am nächsten Tag wurde es dann ernst. Die Regatten begannen und wir waren heiß darauf. Die Kurse waren zumeist Up and Downs, gepaart mit zwei Coastals. Je nach Dauer der Rennen wurden zwei oder drei pro Tag gesegelt. Unser erstes Rennen war ein Up and Down.

Schon die Ankunft im Startgebiet war ein Erlebnis für sich: 80 Yachten, die in vier Klassen aufgeteilt auf zwei Startgruppen vor der Startlinie in Position gehen, sind ein phänomenaler Anblick und selbst mittendrin zu stecken bedeutete einen echten Adrenalinschub... und keine Ahnung zu haben, was abgeht: „Ist das die violette oder die schwarze Klassenflagge am Startschiff?“ „Was war das gerade für ein Signal?“ „Was zählt die Regattaleitung da runter?“ Peters Lösung auf unsere Ratlosigkeit beim ersten Start: Die Variante „Pacemaker“: Man suche sich ein etwa gleich großes Schiff mit teuer und neu wirkenden Segeln und gleicher Klassenflagge, schaut, ob die Jungs und Mädels an Bord zu wissen scheinen was sie da gerade tun und hänge sich dran.

Gesagt, getan. Mit dem Ergebnis, dass unser Pacemaker ein paar Sekunden zu früh an der Startlinie ist und genau wie einige andere Yachten die Segel ein Stück aufmachen und abfallen muss. Wir ziehen einen Moment später ran, die abfallenden Schiffe machen eine Lücke zum Startschiff auf, wir ziehen fast mit vollem Speed durch:

ein perfekter Start! Nicht geplant und mit mehr Glück als Verstand, aber rundum perfekt.

Auf der Kreuz landen wir, nach dem Freudentaumel über den gelungenen Coup, schon bald wieder auf dem Boden der Tatsachen: Wir laufen zu wenig Höhe.

Die Geschwindigkeit ist ok, aber baugleiche Firsts können fast 5 Grad mehr Höhe laufen, wir verlieren wieder Platz um Platz. An den Luvtonnen bereiten wir uns auf das Spisetzen vor. Das Manöver gelingt, wenn auch noch nicht 100% sauber und wir fahren einen guten Downwind-Kurs, auf dem wir wieder Boden gut machen.

Dieser Ablauf wiederholte sich, denn die Up and Down Kurse bestanden aus je drei Amwind- und zwei Vorwindkursen. Nach dem ersten Rennen lagen wir zwar nicht besonders weit vorne, aber wir konnten ein paar Klassenkonkurrenten hinter uns lassen.

So in der Art sollten sich auch die anderen Rennen abspielen. Peu à peu konnten wir unserer Rennziege mehr Höhe entlocken und nach drei Tagen fühlten wir uns auch Am - Wind konkurrenzfähig.

Unsere Leistung auf den Vorwindkursen blieb gut, die Manöver liefen sehr bald schneller und reibungsloser. Im Vergleich zum Rest unschlagbar: unsere Starts. Schnell hatten wir das Prozedere verstanden und ein Spitzenstart jagte den nächsten. Dabei haben wir noch eine taktische Finesse gelernt:

Franzosen schreien aus Prinzip am Start. Und wenn Du angeschrieen wirst, mach genau so weiter, denn es heißt, dass Du gut bist!
Unsere Leistung auf dem Wasser wurde besser ,dies schlug sich auch auf die Resultate nieder. Wir konnten uns in unseren Tagesergebnissen ein Gutes Stückchen nach vorne arbeiten und waren wirklich stolz darauf, weil es das Ergebnis ständiger Verbesserungsbemühungen war.

Die Up and Down Kurse zehrten schon spürbar an unseren Kräften, da insbesondere Segelwechsel in vergleichsweise kurzen Abständen durchgeführt werden müssen. Zwischen den einzelnen Rennen war nur wenig Raum zur Regeneration vorhanden, denn die Zeit, um wieder ins Startgebiet zu kommen, war recht knapp bemessen. Selbst die Wasser- und Nahrungsaufnahme wurde zur taktischen Angelegenheit.

Unser Flehen nach Coastal-Races mit längeren Kursen zwischen den Manövern wurde selten erhört. In der gesamten Woche wurden nur zwei davon gesegelt. Stattdessen gab es Tage mit bis zu drei Up and Downs. Tage, an denen man den Spi sechs mal gesetzt und geborgen hat, Tage, an denen JP ebenso oft allein unter Deck beim Spipacken geschwitzt hat, Tage, an denen man in den letzten Wenden verzweifelt versucht sein Gewicht auf die Winschkurbel zu übertragen, Tage, an denen nur noch eines hilft: ein Schampöserchen am Abend!

Wenn uns nach den harten Fights auf dem Wasser noch der Sinn nach einer Verlängerung stand, bot sich im Partyzelt des village die Gelegenheit dazu. Ausgestattet mit einer Licht- und Musikanlage, die in Aachener Discos ihresgleichen sucht, und tausenden partyhungrigen Franzosen war dies der Ort, um die Seele mal richtig baumeln zu lassen. Dieses Angebot nutzten wir dann auch. Nicht jeden Abend, doch mehrfach.

Etwas hinderlich dabei war, dass wir in einiger Entfernung zum Hafen Quartier bezogen hatten und so auf einen armen Fahrer, Taxen, oder freundliche Kanadier angewiesen waren, um unsere Oase der Ruhe und des Friedens zu erreichen.


Nicht unerwähnt bleiben soll auch das „International Dinner“, das sich als „Schnittchen“ entpuppte und ein inoffizielles International Dinner beim örtlichen McDonald’s zur Folge hatte, wo nach und nach immer mehr hungrige Studenten in außergewöhnlicher Kleidung und mit eher unterdurchschnittlichen Französischkentnissen an der Theke Menüs orderten, die sich scheinbar auch mehr von einem „International Dinner“ versprochen hatten.

In dieser Woche in Frankreich haben wir sehr viel erlebt und viel gelernt: über Regattastarts, übers Höhe laufen, über französische Partys, über nautische Reklamationen auf Französisch, über „International Dinners“ und darüber, dass man auf die Schweizer ein Auge haben muß.

Aber besonders seglerisch hat uns diese Woche ein gutes Stück nach vorne gebracht. Wir sind auf ein Schiff gestiegen, das keiner von uns zuvor gesegelt ist und jeder hat auf seinem Posten alles gegeben, um das Team so teuer wie möglich zu verkaufen.

Wir haben kontinuierlich an uns gearbeitet und gefeilt und uns dadurch verbessern können, was sich auch in ein paar Plätzen in den Resultaten niedergeschlagen hat. Wir sind in unsere Aufgabe hineingewachsen und auch in kritischeren Situationen konzentriert und ruhig geblieben und haben das Material und die Crew heil nach Hause bringen können. Sportlich haben wir das erreicht, was wir erreichen konnten. Wir sind ohne große Mittel und Erfahrung gegen zum Teil erstklassige Konkurrenz angetreten und haben uns achtbar geschlagen.


Besonderer Dank gilt Peter, Marisa und Anne, die mit ihrer Vorarbeit den Grundstein für das diesjährige EDHEC Projekt gelegt und die schwierige und langwierige Sponsorensuche auf sich genommen haben.

Stefan Schühlein