AKTUELLES AUSBILDUNG SEESCHIFF JOLLENPARK PRESSE REGATTA TERMINE LINKS VEREIN
AKTUELLES
AUSBILDUNG
SEESCHIFF
AQUIS GRANUS IV
AQUIS GRANUS III
SEEREISENPLAN
BERICHTE
POSITIONSDARSTELLUNG
JOLLENPARK
PRESSE
REGATTA
TERMINE
LINKS
VEREIN

http://www.sparkasse-aachen.de/

Seereise Boulogne - Bilbao - Zeebrügge vom 8.9. bis 9.10.68

Wie bei der Vorhergehenden bestand auch bei dieser Reise die Crew nur aus 4 Mann, Mike Ollmann, Ingo Sauer, Friedrich Reinhold (Gast) und mir als Skipper.

Wohl der gefährlichste Teil der ganzen Reise war die nächtliche Autofahrt nach Frankreich, bei der teilweise dichter Nebel herrschte. Aber in Boulogne schien die Sonne und - viel wichtiger - der Wind kam mit leichten 3 Beaufort aus Osten. Beides sehr erfreuliche Anfangsbedingungen für unsere noch nicht auf See gesegelte Mannschaft (Ingo und Friedrich). Wir liefen gleich am Nachmittag aus und der nächste Hafen sollte Cherbourg sein, um Transit zu kaufen. Von der alten Crew hatten wir für die ersten Tage ausreichend Proviant übernommen, einschließlich je zwei Flaschen Whisky und Rum. Wir ahnten damals noch nicht, dass das für über vier Wochen unser einziger konzentrierter Alkohol sein sollte.

Doch erst einmal ging es weiter nach Westen. Sonne und günstige Windrichtung blieben , so dass sich der Trimaran zeitweise mit 10 Knoten von seiner besten Seite zeigen konnte. Er ließ aber auch hier schon in etwa erahnen, wie beweglich er sein kann, jedenfalls wurden die Fische mehrfach unfreiwillig gefüttert. (Als wir auf dem Rückweg in totaler Flaute etwa an der gleichen Stelle verzweifelt (weil ausgehungert) angelten, ließ sich jedoch keins dieser undankbaren Viecher auch nur sehen.

Wegen des günstigen Windes wurde beschlossen statt nach Cherbourg nach Brest weiterzulaufen. Die Kanalinseln waren jedoch gerade passiert als der Wind auf West drehte. Anstandshalber kreuzten wir 20 Stunden lang weiter, der Fortschritt war jedoch deprimierend gering. Deshalb stellten wir das Kreuzen ein und machten das Bein auf Stb-Bug so lang wie m&ooml;glich: nach 30 Stunden waren wir in Falmouth. In diesen wie auch in die meisten der nächsten Häfen liefen wir unter Segel ein, was von Land sicher sehr schiffig ausgesehen hat. Aber dort hat man ja auch unsere Flüche über den streikenden Motor nicht gehört.

Transit gibt es auch in England, jedoch (zumindest in Falmouth) nur jeweils ganze Kisten oder Kartons was uns (rein gewichtsmäßig) zu viel war. Auf See (und auch sonst) vier Wochen lang pro Mann mit einer Flasche Schnaps auszukommen, mag zwar manchem ASVer wie verschärfter Arrest vorkommen, aber sehr vermisst haben wir die scharfen Sachen nicht. Und der spanische und französische Rotwein ist ja auch nicht zu verachten. Nach zwei Tagen verließen wir Falmouth Samstag Mittag (14.9.) mit dem Ziel Santander/ Spanien. Die nächsten Tage, in denen der Kompaß ständig "Süd" zeigte, brachten uns berauschendes See-Segeln.

Es fing ganz harmlos an mit drei Windstärken aus Ost und der Zipfel des Atlantiks, den wir durchquerten, bewegte sich nur mäßig. In Höhe der Insel Ushant (franz.: Quessant) drehte der Wind auf Nord, kam also platt von achtern und nahm dann stetig zu. Mit ausgebaumter Genua lief die Aquis Granus immer schneller, kam auf den Wellenkämmen zuerst kurz ins Gleiten, dann wurden die Gleitstrecken immer länger, schließlich wurde das Schiff schneller als die Wellen und steckte alle drei Nasen tief in ein Wellental. Als das zum zweiten Mal geschah, kam die Freiwache von sich aus an Deck zum Segelbergen.

Eigentlich sollte das Großsegel gerefft werden, aber der Wind nahm so schnell zu, dass das Schiff nur unter Genua wieder ins Gleiten kam. Der gesamte Vorgang des immer längeren Gleitens und schneller Werdens als die Wellen wiederholte sich, bis das Schiff wieder in ein Wellental schoss und so abrupt abgebremst wurde, dass eine Flasche, die unter dem Niedergang stand, ihre Geschwindigkeit beibehaltend, an der Vorderseite der Kajüte landete. Daraufhin wurde Fock 2 gesetzt.

Mit Fock 2 haben wir die Drachen-Genua benannt, die etwas kleiner als die eigentliche Fock ist. Dieses Makko-Segel, das bei Benutzung sicherlich nicht kürzer lebt als wenn es im nassen Schwimmer läge, haben wir zur Schonung der Fock sehr häufig gefahren, bei gesetzter Genua war es meist unten ungeschlagen.

In der Nacht nahm der Wind auf Stärke 8 zu und das Schiff kam auch mit dem kleinen Segel ins Gleiten, wurde aber nicht schneller als die Wellen. Mittlerweile hatte sich ein ganz beachtlicher Seegang gebildet und diese Nacht war sicherlich ein unvergessliches Erlebnis: Bei an sich nahezu totaler Finsternis herrschte ein starkes Meeresleuchten mit zum Teil ungewöhnlich großen Leuchtpunkten, das die sich brechenden Wellen und das dreispurige Kielwasser hell aufleuchten ließ. Zusätzlich flog mit dem Wasserstaub zahlreiches Leuchtplankton durch die Luft. Und das Schiff hetzte dabei ganz beachtlich, vom Mittag des 15. bis zum Mittag des 16.9. hatten wir unser mit Abstand höchstes Etmal von 205 sm, entsprechend einem 24-Std-Durchschnitt von 8,5 Knoten.

Leider waren die - wie sie sich nannten - beiden Decksrussen physisch und psychisch ziemlich mitgenommen, aber wenigstens haben Mike und ich dieses Großangebot an Natur begeistert genossen. Dieser Genuss war auch wohl nur dadurch möglich, dass sich das Schiff hier mustergültig verhielt. Der Trimaran preschte mit durchschnittlich 8, in den Gleitstrecken etwa 14 Knoten durch die aufgewühlte See. Durch diese hohe Geschwindigkeit blieb die Geschwindigkeitsdifferenz zwischen dem Schiff und einem von achtern heranrollenden Brecher relativ klein, so dass das Schiff Zeit hatte, mit dem Heck an der Welle hochzuklettern. Auf der ganzen Strecke sind bei uns nur drei oder vier Seen eingestiegen. Bei einem konventionellen, langsameren Schiff dieser Größe wäre diese achterliche See sicherlich recht unangenehm gewesen.

Dieses gutmütige Verhalten eines Trimarans (oder Katamarans) bei schwerer achterlicher See meinen die Amerikaner wenn sie sagen "speed is safety". Am nächsten Morgen ließ der Sturm etwas nach, und gegen Mittag wurde es ziemlich plötzlich total flau. Da lag das Schiff ohne einen Hauch Wind in der aufgewühlten See, und jedes normale Schiff wäre so gerollt, dass die Besatzung wohl ausreichend damit beschäftigt gewesen wäre, sich festzuhalten. Wir dagegen konnten sogar mit dem feststehenden Kocher ein komplettes Mittagessen kochen und auch verzehren.

Kurz darauf setzte der Wind wieder ein, jedoch etwa 60° zurückgedreht also aus WNW. Erst nur mit 5 Windstärken, bis es dann an nächsten Mittag wieder mit Beaufort 8 orgelte. Dieses Stück mit etwa halbem Wind dieser Stärke war eine enorme Beanspruchung für das Schiff. Zwar wurde versucht, besonders hohe Wellen durch schnelles Abdrehen mit dem Heck abzufangen, aber das gelang nicht immer und außerdem waren auch die kleineren noch kräftig genug, um insbesondere dem Luvschwimmer harte Schläge zu versetzen.

Im Schiff war es durch die Knallerei so laut, dass an Schlaf kaum noch zu denken war. Gegen Abend kam wie geplant das Leuchtfeuer bei Santander (C. Mayor) recht voraus in Sicht. Wegen der Unübersichtlichkeit der als Hafen dienenden Flussmündung und der dort laut Handbuch stehenden Brandung war uns die nächtliche Einfahrt zu riskant. Deshalb entschlossen wir uns, nach Osten bis nach Bilbao weiterzulaufen.

Da Ingo und Friedrich mittlerweile ganz tot waren, wurden sie mit Schlaftabletten in die Koje gesteckt; Mike und ich teilten uns die Nacht, die wieder einfach grandios war. Zwar hatte der Wind auf 6 abgeflaut aber über dem aus über 1000 m Tiefe steil aufsteigenden Festlandsockel stand eine teils wüste See die für einen wilden und faszinierenden Ritt sorgte.

Mit dem ersten Licht liefen wir dann in Las Arenas ein, den Vorhafen von Bilbao, und holten erst einmal etwas von dem versäumten Schlaf nach. Die zwei Tage dort waren angefüllt mit Plünnentrocknen, Basteln am Motor Duschen beim pompösen "Club Maritime de Las Arenas" und last not least der Besichtigung von Land (bzw. Stadt) und Lauten. Von Bilbao segelten wir nach Arcachon. Beim Einlaufen in die Bay d'Arcachon liefen wir bei ablaufendem Wasser an der Luvseite einer Sandbank auf und hatten gerade noch Zeit das Schiff von Hand mit der Nase in den Wind zu drehen bevor es ganz auf dem Trockenen lag. Bis zur Flut brachten wir an je 80 m Trosse zwei Anker nach Luv aus.

Das Schiff kam dann, ohne hart aufzustoßen, schnell frei und lag etwa 2 Stunden in der Brandung bis eine Ankertrosse brach und wir mit der Brandung glatt über die Sandbank kamen, auf der glücklicherweise mittlerweile genug Wasser stand. Da die Hinfahrt nicht befeuert ist, wir keinen Anker mehr hatten und das verbogene Ruder abgebaut war, machten wir für den Rest der Nacht an einer Fahrwassertonne fest. Der nächste Tag war der einzige richtige Regentag der ganzen Reise, was deshalb etwas unangenehm war, weil wir durch die vergangene Nacht praktisch nur noch nasse Sachen hatten. Der in Gang gesetzte Petroleumofen nutzte da auch wenig, weil durch die großen Mengen an Schwitzwasser ein sekund&aml;rer Regen von der Kajütdecke fiel.

Zum 120 sm entfernten La Rochelle liefen wir am nächsten Tag in rund 18 Stunden. Der mit großen Festungstürmen bewehrte Hafen war zwar von Bildern her bekannt, aber in natura noch viel eindrucksvoller. Es war geplant, von La Rochelle aus ca. 4- 5 Tage nach Norden zu segeln, was uns bei günstigem Wind zu den Kanalinseln gebracht hätte. Wir sollten jedoch ganz andere Inseln kennen lernen. Auf der Höhe der Ile d'Yeu (am Wind laufend mit Schrick in der Schot) knallte es plötzlich dumpf. Die erste Vermutung von mir, dass ein Flügel wieder beweglich geworden sei, erwies sich glücklicherweise als falsch es lag "nur" der größte Teil des Achterstags an Deck. Großfall und Dirk wurden daraufhin als Notachterstag gespannt und per Fock liefen wir den Hafen auf der Ile d'Yeu an.

Der Wind stand dort genau aus der langen schmalen Hafeneinfahrt heraus und der Motor sprang mal wieder nicht an. Um hineinkreuzen zu können, setzten wir das Großsegel mit 2 Reffs wobei wir um den Mast große Sorge hatten, da die jetzt noch allein stehende Dirk hierfür im Topp völlig ungenügend befestigt ist. Die Dirk jedoch hielt (man glaube nur nicht am Wind sei ein Achterstag überflüssig schließlich ist es ja am Wind gebrochen), Achterstag und ein Unterwant wurden erneuert und der Motor wanderte endlich zur Reparatur. Dort ist ihm anscheinend endgültig das Laufen beigebracht worden, jedenfalls verhielt er sich den Rest der Reise so wie es im Prospekt steht.

Wir verließen Ile d'Yeu noch bei Südwind, aber bald drehte er auf NW also genau gegenan, und blies schließlich mit Stärke 8. Wir lagen eine Nacht lang beigedreht unter dichtgeholter Sturmfock Ruder hart auf anluven gelegt und das Schiff verhielt sich hierbei viel besser, als wir das angenommen hatten. Bei etwa l kn Fahrt lag es relativ ruhig, es kam nur Schaum an Deck und vor allem betrug die Abdrift nur ca. 1 sm/Std. Als es morgens immer noch NW 6/7 wehte, liefen wir nach Le Palais auf Belle Isle, wo auch einige Fischerboote Zuflucht suchten. Der Zwangsaufenthalt auf dieser zauberhaften Insel war durch Radtour und unmäßiges Krabben- und Brombeer-Essen ausgesprochen angenehm.

Die weitere Rückreise brachte zwar viel Sonne aber unerwartet wenig Wind und stundenlange totale Flaute. Nach 6 Tagen waren alle Essvorräte einschlieülich Paniermehl aufgefuttert als Nothafen zum Proviantkauf wurde deshalb Newhaven ausgewählt. Am Dienstag, den 9. Oktober liefen wir kurz vor Mitternacht in Zeebrügge ein. Hinter uns lagen 1926 MM außerordentlich interessante und seglerisch sehr schöne Seemeilen davon 25 unter Motor und 1901 unter Segeln.

Abschließend möchte ich sagen, dass sich das Schiff als Typ sehr gut bewährt hat, bei 8 Windstärken liegt es gut beigedreht und bei gleich starkem Wind von achtern oder nahezu querab auf der Biscaya benahm es sich für seine Größe mustergültig. Auch das Gespenst des Umkippens geistert m. E. unbegründet. Ich bin der Ansicht , dass dieser Trimaran bei etwas vernünftigem Segeln einfach nicht umzuwerfen ist. Die große Schwäche des Schiffes ist seine Konstitution. Es scheint als seien die Rümpfe bzw. deren Verbindungen sehr großen Beanspruchungen nicht gewachsen zumindest nicht in ihrem jetzigen Zustand. Auch das Rigg ist verbesserungsbedürftig was sich aber leicht bewerkstelligen lässt. Wieweit die Rümpfe und Verbände verstärkt werden können, wird die Winterüberholung bzw. die nächste Saison zeigen.

Axel Schalbrunch

Copyright 2001-2006, ASV in Aachen, Nachdruck, Vervielfältigung nur mit Genehmigung des Vereins
HOME KONTAKT ANFAHRT IMPRESSUM INTERNES TK, 04.03.2006